11.04.2025
Claudio Monteverdi (1567-1643) gehörte zu den Begründern einer neuen Gattung, die die griechische Tragödie wiederbeleben sollte: der Oper. Eine seiner ersten „Favole in musica“ handelt von dem singenden Dichter Orpheus, der mit seiner bezaubernden Musik die Götter überzeugt, seine geliebte Eurydike aus der Unterwelt zurückzuholen. Während der junge Komponist L'Orfeo (1607) für ein erlesenes Publikum am Hof von Mantua schrieb, schuf der inzwischen gefeierte Meister mit Il ritorno d'Ulisse in patria (1639-40) sein erstes Musikdrama für die öffentliche Opernszene Venedigs. Seit Jahren sucht Penelope am Horizont nach ihrem Mann Odysseus. Als der König von Ithaka endlich seinen Heimathafen erreicht, ist seine Frau von aufdringlichen Freiern umringt, die Odysseus in Verkleidung und mit Hilfe von oben vertreiben muss. Einen letzten Schritt unternahm Monteverdi mit L'incoronazione di Poppea (1642), in dem die Mätresse des römischen Kaisers Nero bis zum Äußersten geht, um sich zur Kaiserin krönen zu lassen.
„Pur ti miro / Pur ti godo“ (Ich schaue dich an, ich sehne mich nach dir), singen Nerone und Poppea am Ende, als ihnen nichts mehr im Wege steht. Dieser Gegensatz zwischen dem bloßen Schauen und der Sehnsucht ist der Ausgangspunkt von I Grotteschi, einer neuen, aus der Monteverdi-Trilogie destillierten zweiteiligen Produktion. Im Laufe von zwei Abenden lernen wir eine erfolgreiche Familie kennen, die sich während einer Pandemie von der Welt abkapselt. Von Verlust und Sehnsucht getrieben, verstricken sich die verschiedenen Generationen nach und nach in einen erdrückenden Machtkampf. Der Regisseur Rafael R. Villalobos hat die ursprünglich fast fünfzig Rollen auf eine kleine Gruppe von „Grotesken“ reduziert, zusammengesetzte Figuren, die alle allegorische Namen tragen und manchmal mehr als zwei Gesichter haben. Seine durchdachte Nacherzählung erfordert eine ebenso fundierte musikalische Vision, für die La Monnaie auf den Dirigenten Leonardo García-Alarcón und sein Ensemble Cappella Mediterranea zurückgegriffen hat.
Für die auf Odysseus (Ulisse) basierenden allegorischen Figur des Mutes / Coraggio konnte das Jeremy Ovenden gewinnen, der nach Lucio Silla in 2017 für diese Neuproduktion nun wieder am Théâtre de la Monnaie zu erleben ist.
Besetzung
Giulia Semenzato, Fortuna
Matthew Newlin, Privilegio
Raffaella Lupinacci, Virtù
Stéphanie D’Oustrac, Costanza
Jeremy Ovenden, Coraggio
Mark Milhofer, Melancolia
Arianna Vendittelli, Carità
Anicio Zorzi Giustiniani, Giudizio
Jessica Niles, Impazienza
Federico Fiorio, Capriccio
Jérôme Varnier, Sapienza
Xavier Sabata, Esperienza
Leonardo García-Alarcón, Dirigent
Rafael R. Villalobos, Konzept, Regie & Kostüme
Emanuele Sinisi, Bühnenbild
Felipe Ramos, Lighting Designer
Cappella Mediterranea
11. | 15. | 17. | 19. | 24. | 26. April 2025
Monteverdi/Villalobos: Miro (Part I)
13. | 22. | 27. | 29. April & 2. | 3. Mai
Monteverdi/Villalobos (Part II: Godo)
Brüssel | La Monnaie