15.05.2022
Wer Patricia Petibon kennt, weiß, dass ihr künstlerisches Selbstverständnis und ihr Gesang zunächst einmal kompromisslos sind. Nie würde sie sich scheuen, die bipolaren Schwankungen der «Frauen am Rande des Nervenzusammenbruchs» in den Opern des 18. Jahrhunderts mit aller Deutlichkeit wiederzugeben. Gerade bei Komponisten wie Rameau, Gluck oder Mozart, wo der Text eine weit bedeutendere Rolle spielt, als zum Beispiel bei Händel, brennt die französische Sängerdarstellerin darauf, dem nur noch schwer aufzurüttelnden Publikum des 21. Jahrhunderts etwas von dem Eindruck zu vermitteln, den diese besessenen Figuren auf damalige Hörerinnen und Hörer ausgeübt hatten.
In «La Traversée» dreht sich alles um tragische Heldinnen wie Phädra, Elektra, Cleopatra, Armida… Es geht bei diesem Programm um verzweifeltes Flehen, sengenden Hass, wuttrunkene Eifersucht und fiese Intrigen, zumeist als Resultat einer verschmähten Liebe. Mit dieser Arien-Auswahl begeben sich Patricia Petibon, Andrea Marcon und La Cetra auf eine gewagte «Traversée» auf eine Reise der Emotionen. Mit Arien von Henry Purcell, Stefano Landi, über Georg Friedrich Händel, Christoph Willibald Gluck und Wolfgang Amadeus Mozart wird man dieses existenzielle Sich-Hineinwerfen in die Musik und den gemeinsamen Esprit, der sie seit vielen Jahren miteinander verbindet, hautnah miterleben können.